Altmeisterliche Präzision, Farbe, Licht und Form

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Brigitte Zips beeindruckt im Bücherturm mit Druckgrafiken und Acrylgemälden – Ausstellung ist noch bis zum 10. Mai zu sehen

Da hängt es an der Wand! Fein gearbeitet! Für 55 Euro erhältlich! Altmeisterlich präzise dargestellt in all seinen schrecklichen Einzelheiten, weckt es Assoziationen an eine Maschine. Und es ist ja auch eine Art Maschine, eine biologische Höllenmaschine: das Corona-Virus. Brigitte Zips hat es als Linolschnitt auf edles Papier gebannt! Ist es eine künstlerische Form der Rache? Dafür, dass Zips ihre Pläne ändern musste und sechs Jahre lang nicht im Bücherturm ausstellen konnte? Oder ist es ein Spaß, mit dem sie die Schrecken des Virus zu bannen versucht? Nicht unwahrscheinlich, denn die übrigen Werke zeigen Motive aus der Natur, Berge, Bäume, Seen, vereinzelt Motive aus der Stadt oder auch abstrakt Anmutendes. Wie dem auch sei: „Corona“ ist eine der vielen beeindruckenden Druckgrafiken, die derzeit im Vereinsraum der Stadtbücherei zu sehen sind. Im zweiten Ausstellungsraum kann man ebenso sehenswerte Acrylgemälde von Zips bewundern. Beides fügt sich zur Werkschau „Malerei und Grafik“, die Bürgermeister Jörg Rotter am vergangenen Freitag im Rahmen einer Vernissage eröffnete.

Als „Wiederholungstäterin“ begrüßte der Bürgermeister die Künstlerin aus Waldacker – zum fünften Mal dürfe man ihre Kunst im Bücherturm genießen. Nicht, weil es zu wenige Bewerber gebe. „Es ist die hohe Qualität ihrer Arbeiten und ihre Vielseitigkeit, die uns immer wieder Lust darauf macht, in Augenschein zu nehmen, was es Neues aus dem Hause Zips gibt.“

Tatsächlich kann Brigitte Zips fast durchweg Neues vorzeigen. So gut wie alle Werke seien nach ihrer letzten Bücherturm-Ausstellung im Jahre 2018 entstanden, versicherte die kreative Frau, die ihr Handwerk so gut versteht wie kaum eine andere in Rödermark. Das stellt sie zum einen mit ihren Acrylgemälden unter Beweis, deren Motive sie vor allem in der Natur findet. Ins Auge springt ein Surfer, der die Welle reitet. Nicht weniger beeindrucken die Seerosen-Arbeiten, durchnummeriert von I bis VI. Eine Augenweide in Grün ist der Goetheteich, wunderschön die querformatigen Birkengemälde. Man kann nachvollziehen, was Brigitte Zips meint, wenn sie ihr künstlerisches Credo so beschreibt, dass es ihr nicht nur um die Darstellung der Motive gehe, „sondern auch um das Einfangen und Wiedergeben von Stimmung und Atmosphäre, um die Wirkung von Farbe, Licht und Form“.

Spannend ist der zweite Teil: Grafik! Druckgrafiken als künstlerische Ausdrucksform hat Brigitte Zips in den vergangenen fünf Jahren für sich entdeckt. Gereizt habe sie dieses Genre aber schon länger, bekundete sie. Eine Entwicklung zu einer immer präziseren Beherrschung der Technik ist durchaus nachvollziehbar. Dabei probiert sich Zips aus in den unterschiedlichsten Möglichkeiten, Kunst gedruckt zu Papier zu bringen: Gezeigt werden Holzschnitte, Linolschnitte, Kaltnadel-, Aquatinta- und Reservage-Radierungen und auch Mischungen davon. Alle Arbeiten seien von Hand gedruckt auf unterschiedlichen Papieren, in unterschiedlichen Farben – jeder Druck ein Unikat. Wenn es nicht gerade das Corona-Virus ist, bevorzugt Brigitte Zips ähnliche Motive wie in ihrer Malerei. „Manche Motive wähle ich aber, weil sie sich für eine bestimmte Technik des Hoch- oder Tiefdrucks besonders eignen, manchmal sogar buchstäblich aufdrängen“, plauderte sie aus dem Künstlerinnen-Nähkästchen.

Brigitte Zips ist seit 2003 als freischaffende Künstlerin in ihrem Atelier in Waldacker tätig. Zu ihrer ersten Einzelausstellung durfte sie Kunstliebhaber 2006 im Bücherturm begrüßen. Die Diplom-Informatikerin interessierte sich aber schon früh für Kunst und Kunstgeschichte, Kunst zu schaffen wurde für sie zu einer Leidenschaft. Seit den 90er Jahren besuchte sie Kurse bei namhaften Künstlern an der Frankfurter Städelschule, erarbeitete sich auf dieser Basis im Laufe der Jahre Fertigkeiten in verschiedenen künstlerischen Ausdrucksformen – von der einfachen Malerei bis zu Spachtelarbeiten auf verschiedenen Untergründen wie Leinwand, Holz, Kupferplatten oder Acrylglas, sammelte Erfahrungen mit Öl- und Acrylfarben, Pastellkreide, Bleistift, Kohle und Tusche. Und in den vergangenen fünf Jahren eben mit der Druckgrafik.

Die Werkschau unter dem Stichwort „Malerei und Grafik“ kann während der Öffnungszeiten der Stadtbücherei bis zum 10. Mai besichtigt werden: montags bis freitags von 10 bis 13 Uhr und von 15 bis 18 Uhr (außer donnerstagsnachmittags). Geöffnet ist außerdem am ersten Maisonntag von 10 bis 12 Uhr. Auch eine Besichtigung nach Vereinbarung mit der Künstlerin ist möglich unter www.brigitte-zips.jimdofree.com. Auf der Webseite ist auch eine Auswahl der Arbeiten von Brigitte Zips zu sehen.

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Brigitte Zips zeigt Bürgermeister Jörg Rotter eine Druckplatte mit einer Aquatinta- und einer Ätzradierung.
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